Parkinson-Krankheit

1. Was ist Parkinson?

Das „Parkinson-Syndrom“ wurde nach dem englischen Arzt James Parkinson benannt, der 1817 in seiner "Abhandlung über die Schüttellähmung" erstmals ein Störungsbild (Syndrom) des Bewegungsablaufes beim Menschen beschrieb, das durch eine auffällige und typische Kombination neurologischer Krankheitszeichen (Symptome) gekennzeichnet ist. Heute ist bekannt, dass verschiedenste Erkrankungen ein Parkinson-Syndrom verursachen können.
Parkinson-Syndrome sind gekennzeichnet durch eine Verlangsamung und Verarmung der Bewegungen (sog. Bradykinese oder Akinese). Für eine zuverlässige klinische Diagnose muss außerdem mindestens eines der weiteren folgenden Hauptsymptome vorliegen:
  • Rigor (Steifheit der Muskulatur)
  • Ruhetremor (Ruhezittern)
  • posturale Instabilität (Gleichgewichtsstörungen)
Ferner können folgende Begleitsymptome vorkommen:
  • sensorische Symptome (z.B. Schmerzen, Gefühlsstörungen)
  • vegetative Symptome (Störungen der Blutdruck- und Wärmeregulation, der Harnblase und der sexuellen Funktionen)
  • Depression (niedergedrückte Stimmung)
  • Bradyphrenie (Verlangsamung der Denkens)
  • Demenz (allgemeiner Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit)

2. Klassifikation der Parkinson-Syndrome

Innerhalb des Oberbegriffs der Parkinson-Syndrome wird nach bekannter oder unbekannter Ursache der Erkrankung weiter unterschieden:
  • primäre Parkinson-Syndrome:
    • idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS)
    • hereditäre (erbliche) Parkinson-Syndrome
  • sekundäre (symptomatische) Parkinson-Syndrome
  • atypische Parkinson-Syndrome
Das idiopathische Parkinson-Syndrom wird auch als Morbus Parkinson oder Parkinson’sche Krankheit bezeichnet. Das Wort „idiopathisch“ bedeutet, dass die Ursache der Erkrankung nicht bekannt ist. Etwa 75-80 % der Parkinson-Partienten gehören zu dieser Gruppe.
Bei symptomatischem (sekundärem) Parkinson-Syndrom ist die Ursache bekannt und wird je nach Ursache oder Auslöser wie folgt unterschieden:
  • medikamentöses Parkinson-Syndrom, sog. medikamentöses Parkinsonoid, das als unerwünschte Nebenwirkung, z. B. von Neuroleptika, Blutdruckmitteln (Reserpin und alpha-Methyldopa), Mitteln gegen Brechreiz (Metoclopramid), Lithium und Kalziumantagonisten (Cinnarizin und Flunarizin) oder Anti-Arrhythmica (Amiodaron), auftritt. Nach Absetzen des entsprechenden Medikaments verschwinden die Symptome in den meisten Fällen.
  • vaskulär bedingtes Parkinsonoid (Durchblutungsstörung im Gehirn oder Parkinson-Syndrom bei Zustand nach Schlaganfall)
  • posttraumatisches (nach Gehirnverletzung aufgetretenes) Parkinson-Syndrom
  • toxisch (durch akute oder chronische Vergiftung, z. B. Kohlenmonoxid, Mangan, Blei, Pflanzenschutzmittel und Heroinersatzstoff Meperidin MPTP)
  • entzündlich (nach einer Gehirnentzündung, z. B. im Rahmen von AIDS oder nach Hirnentzündungen anderer Ursache)
  • metabolische Genese (d. h. der Parkinson-Symptomatik liegt eine Stoffwechselerkrankung wie z. B. eine Unterfunktion der Schilddrüse, eine schwere Systemerkrankung der Leber und der Niere, ein Hypoparathyreoidismus oder ein Morbus Wilson zugrunde). Ferner können auch durch eine Raumforderung im Gehirnschädel, z. B. durch einen Tumor (Hirngeschwulst) oder einen Normaldruckhydrocephalus (Abflussstörung der Gehirnflüssigkeit), Parkinson-ähnliche Symptome ausgelöst werden.
Atypische Parkinson-Syndrome treten im Verlauf anderer neurodegenerativer Erkrankungen auf: dazu gehören die sog. Multisystematrophie (MSA), die progressive supranukleäre Blickparese (PSP), die kortikobasale Degeneration (CBD), die Demenz vom Levykörpertyp und die Huntington’sche Krankheit (Wesphalvariante).

3. Kann die Kernspintomographie die Diagnose Parkinson bestätigen?

Nach derzeitigem Wissensstand gibt es bei idiopathischem Parkinson-Syndrom keine typischen Zeichen in der kernspintomographischen Untersuchung des Gehirns, d. h. diese kann einen Normalbefund zeigen. Die Kernspintomographie des Gehirns wird bei Verdacht auf Parkinson-Syndrom trotzdem durchgeführt, um andere Ursachen der Parkinson-Symptomatik, z. B. Gefäßveränderungen, Schlaganfälle oder Tumoren im Gehirn sowie Störungen der Zirkulation der Gehirnflüssigkeit, auszuschließen.
Ferner kann die Kernspintomographie Hinweise auf ein atypisches Parkinson-Syndrom liefern, z. B. auf eine Multisystematrophie (MSA).
Die Diagnose der Parkinson-Krankheit kann – falls die klinische Symptomatik und das Ansprechen auf L-Dopa nicht eindeutig sind – durch eine nuklearmedizinische Untersuchung des Gehirns (DAT-Scan) gestützt werden.

4. Gibt es eine Blutuntersuchung, die die Diagnose Parkinson beweisen kann?

Leider gibt es bis heute keine Blut- oder Nervenwasseruntersuchung, welche die Diagnose eines Parkinson-Syndroms eindeutig bestätigen könnte. Die Diagnosestellung erfolgt in erster Linie anhand der klinischen Symptomatik und des Ansprechens auf die dopaminerge Medikation. Die Diagnose kann durch nuklearmedizinische Untersuchungen (DAT-Scan oder Positronenemissionstomographie) untermauert werden.

5. Wie häufig ist die idiopathische Parkinsonerkrankung?

Zur Inzidenz (Neuerkrankung) und Prävalenz (Erkrankungshäufigkeit) des idiopathischen Parkinson existieren viele Studien, deren Ergebnisse jedoch je nach den untersuchten geographischen Regionen und Bevölkerungsgruppen erheblich voneinander abweichen.
Die Erkrankungshäufigkeit für das idiopathische Parkinson-Syndrom unterliegt weltweit einer breiten Streuung mit 10-234 Fällen pro 100.000 Einwohnern, wobei niedrige Erkrankungshäufigkeiten in China und hohe in Sizilien beobachtet wurden. In Mitteleuropa sowie in Nordamerika beträgt die Erkrankungshäufigkeit 160 pro 100.000 Einwohner. Damit ergäbe sich in Deutschland bei 80 Millionen Einwohnern eine Erkrankungshäufigkeit von 147.000 Patienten mit idiopathischem Parkinson.
Grundsätzlich nimmt die Erkrankungshäufigkeit mit steigendem Alter deutlich zu: Vor dem 50. Lebensjahr erkranken 30 % und zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr 40 % der Patienten. Die Spitze der Erkrankungshäufigkeit liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Bei ca. 8 % der Parkinson-Patienten zeigen sich die ersten Symptome vor einem Alter von 40 Jahren.
Während frühere Studien davon ausgingen, dass Parkinson bei Männern häufiger vorkommt, sprechen neuere Untersuchungen dafür, dass das Risiko, an einem idiopathischen Parkinson zu erkranken, für Männer und Frauen gleich hoch ist; diese Frage ist jedoch noch nicht endgültig geklärt.

6. Hat Parkinson einen Einfluss auf die Lebenserwartung?

Derzeitige Studien zu Sterblichkeitsdaten zeigen sehr große Unterschiede, welche wahrscheinlich auf Variationen zwischen den Studienpopulationen, wie Zusatzerkrankungen, Schwere der Erkrankung bei Einschluss in die Studie und diagnostischer Genauigkeit, zurückzuführen sind. Eine große Arzneimittelstudie an Patienten ohne signifikante Zusatzerkrankungen zeigte bei angemessener Behandlung eine unveränderte Lebenserwartung für Patienten mit idiopathischem Parkinson.

7. Kommt Parkinson heute häufiger vor als früher?

Da das Risiko, an idiopathischem Parkinson zu erkranken, mit zunehmendem Alter ansteigt (so liegt die jährliche Neuerkrankungsrate pro 100.000 Einwohnern bei 5,3 zwischen dem 40. und 49. Lebensjahr und bei 254 zwischen dem 70. und 79. Lebensjahr) und die Lebenserwartung der Bevölkerung stetig gestiegen ist, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Anzahl der an Parkinson erkrankenden Patienten zunehmen wird.

8. Ist Parkinson heilbar?

Bisher ist keine ursächliche Therapie der idiopathischen Form bekannt. Daher gilt die Parkinsonsche Krankheit zwar nicht als heilbar, aber infolge der seit einigen Jahren verfügbaren dopaminergen Medikamente als sehr gut behandelbar.
Wenn von „geheilten“ Parkinson-Patienten gesprochen wird, handelt es sich um Patienten mit sekundärem Parkinson-Syndrom, vor allem um sog. medikamentöse Parkinsonoide. Bei diesen Patienten bildet sich nach dem Absetzen des auslösenden Medikaments, z. B. Neuroleptika, Blutdruck- oder Magenmittel (vgl. Einteilung der Parkinson-Syndrome), die Parkinson-Symptomatik ohne jegliche weitere Behandlung zurück.
„Geheilte“ Parkinson-Patienten, bei denen die Diagnose eines idiopathischen Parkinson-Syndroms gesichert erschien, sind in der Literatur nicht bekannt. Daher ist äußerste Vorsicht geboten, wenn durch irgendein Therapieverfahren Heilung versprochen wird.

9. Wie kommt Parkinson zustande?

Beim idiopathischen Parkinsonsyndrom kommt es zu einem Untergang von Nervenzellen (Neuronenverlust) in der Substantia Nigra pars Compacta (der "Schwarzen Substanz", einer Struktur im Mittelhirn). Dieser Zelluntergang führt zu einem Dopaminmangel im Striatum (Streifenkörper), der zentralen krankhaften Veränderung beim idiopathischen Parkinsonsyndrom.
Mit zunehmendem Lebensalter tritt auch in der Durchschnittsbevölkerung eine graduelle Abnahme der Nervenzellen (Neuronen) in der Substantia Nigra und dadurch eine Verminderung des Dopamingehalts in den Basalganglien auf. Beim Gesunden wird von einer Zellverlustrate in der Substantia nigra von etwas 5 % pro Dekade ausgegangen. Bei Parkinsonpatienten gehen Schätzungen von einem bis zu 10fach rascheren Zelltod aus.
Ein idiopathisches Parkinsonsyndrom wird klinisch erst offensichtlich, wenn 70 bis 80 % des Dopamingehalts im Streifenkörper und mehr als 50% der dopaminergen Nervenzellen im Bereich der Schwarzen Substanz verloren gegangen sind. Der Zelluntergang in der Schwarzen Substanz beim idiopathischen Parkinsonsyndrom unterscheidet sich vom Verlust an Nervenzellen in der Normalbevölkerung auch durch sein Verteilungsmuster.

10. Was ist die Ursache des idiopathischen Parkinson?

Trotz intensiver Forschung ist die eigentliche Ursache des fortschreitenden Zelluntergangs in der Schwarzen Substanz immer noch nicht bekannt. Man geht jedoch davon aus, dass für die Entstehung des idiopathischen Parkinsonsyndroms mehrere Faktoren zusammenkommen müssen. Neben der genetischen Disposition werden Umwelteinflüsse diskutiert. Grundlage der Zellschädigung sind möglicherweise eine gestörte Entgiftungsfähigkeit der Zellen sowie die Freisetzung von zellschädigenden Sauerstoffverbindungen und generell schädigende Einflüsse des Alterungsprozesses.
Zu den Umweltschadstoffen, die zur Entstehung eines Parkinsonsyndroms beitragen können, zählen Kohlenmonoxyd, Mangan, Zyanide, Schwermetalle wie Blei oder bestimmte Insektizide (Paraquat, Diquat). Die unter Verdacht stehenden Umweltgifte konnten bisher jedoch nicht als alleinige Auslöser einer Parkinson-Krankheit identifiziert werden, da Personenkreise, die diesen Stoffen ebenfalls ausgesetzt waren, nicht genauso häufig an Parkinson erkrankten.

11. Wie häufig sind die verschiedenen Formen des Parkinsonsyndroms?

In einer hochselektierten Gruppe von Patienten, wie sie in einer Sprechstunde für Bewegungsstörungen gefunden wird, macht das idiopathische Parkinsonsyndrom etwa 78% der Fälle mit Parkinsonismus aus.
Die erblich degenerativen Parkinsonsyndrome sind mit 0,6% der Fälle äußerst selten.
Die sekundären symptomatischen Parkinsonsyndrome findet man in 8,2% der Fälle und bei 12,2% der Patienten liegt ein "Parkinson plus Syndrom" vor.

12. Wie wird das idiopathische Parkinsonsyndrom behandelt?

Bis heute existiert leider noch keine ursächliche Behandlung des Parkinsonsyndroms, die das weitere Absterben der Nervenzellen verhindern oder zumindest aufhalten könnte. Daher muss man sich mit der Behandlung der Symptome des Parkinsonsyndroms begnügen. Diese Behandlung wurde in den letzten Jahren aber kontinuierlich verbessert und ermöglicht dem Patienten - zumindest in den ersten Jahren, manchmal auch Jahrzehnten, der Erkrankung - ein nahezu unbehindertes Leben.
Die Empfehlungen zur medikamentösen Therapie des idiopathischen Parkinsonsyndroms sind abhängig von Alter, Vorerkrankungen und Lebensumständen des Patienten. Grundsätzlich gilt es zunächst, die Diagnose zu sichern, andere mögliche Ursachen der Parkinsonsymptome auszuschließen und dann eine Therapie zu beginnen.
Die symptomatische Therapie bei funktionellen Defiziten sollte mit einem Dopaminagonisten begonnen werden. Eine Ergänzung mit Levodopa sollte erst dann erfolgen, wenn eine Monotherapie mit Dopaminagonisten keine zufriedenstellende klinische Kontrolle der Symptome mehr ermöglicht. Zusätzlich kann die Halbwertszeit des Levodopas durch die Gabe eines COMT-Hemmers verlängert werden.
Wenn diese medikamentösen Ansätze in ihren verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten nicht mehr wirksam sind, empfiehlt es sich, über eine chirurgische Interventionsmöglichkeit (z. B. Tiefenhirnstimulation) nachzudenken.
Die medikamentöse Behandlung des idiopathischen Parkinsonsyndroms beim älteren Menschen unterscheidet sich durch den frühen Einsatz von Levodopa, häufig schon zu Beginn der Erkrankung. Außerdem ist es notwendig, Zusatzerkrankungen wie koronare Herzerkrankung, Lebererkrankungen, Ödeme sowie mögliche Wechselwirkungen der Parkinsonmedikamente mit einer bereits bestehenden Medikation in die Therapieentscheidung mit einzubeziehen.
Neben der medikamentösen Therapie können die regelmäßigen krankengymnastischen Übungsbehandlungen und, abhängig von der Symptomatik, auch eine zusätzlich durchgeführte Logo- oder Ergotherapie von Nutzen sein. Ferner ist es wichtig, gut über die Erkrankung und mögliche Hilfsmittel informiert zu sein.

13. Parkinson und Narkose - gibt es Besonderheiten?

Grundsätzlich gilt, dass unter Beachtung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen das Risiko einer Anästhesie bei Parkinson-Patienten nicht größer ist als für vergleichbare Altersgruppen.
Dennoch gilt, dass eine Vollnarkose für Parkinson-Patienten auch bei richtiger Narkoseführung und Betreuung vor und nach der Operation immer eine Belastung darstellt, die die Symptome zumindest vorübergehend verschlechtern kann.
Einige Patienten sind der Meinung, dass ihre Parkinson-Krankheit durch eine Narkose ausgelöst wurde. Dem ist klar zu widersprechen. Die frühesten Symptome der Parkinson-Krankheit treten erst dann auf, wenn ca. 50% der Dopamin produzierenden Zellen in der Schwarzen Substanz des Gehirns nicht mehr funktionsfähig sind. Dieser Vorgang des Zelluntergangs kann ca. 5 Jahre dauern. Wenn sich also nach einer Operation Parkinson-Symptome zeigen, dann hat die Krankheit schon seit längerem ohne wahrnehmbare klinische Symptome bestanden. Die zusätzliche Belastung durch die Operation hat nun die bisher zwar bestehenden, aber noch nicht klinisch wahrnehmbaren, Symptome zutage treten lassen.
Es wird auch häufig diskutiert, dass die allgemeine Narkose die Symptome der Parkinson-Krankheit verschlechtern kann. Dies ist leider auch bei der besten Narkoseführung nicht ausgeschlossen und macht in einigen Fällen nach der Operation eine medikamentöse Neueinstellung notwendig. Ferner kann nach der Operation ein sogenanntes „Durchgangssyndrom“ (Verwirrtheit, Desorientierung) auftreten, das nach entsprechender Behandlung meist rückläufig ist.
Wegen der Möglichkeit der Verschlechterung der Parkinson-Symptome wird empfohlen, nur unbedingt notwendige Operationen durchführen zu lassen und die Lokalanästhesie oder die Spinalanästhesie (Rückenmarkbetäubung) der allgemeinen Narkose vorzuziehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Betreuung der Patienten vor und nach der Operation. Es sollte vor allem darauf geachtet werden, dass keine zu lange Medikamentenpause eintritt. Grundsätzlich ist zu empfehlen, die behandelnden Chirurgen und den Narkosearzt über die Parkinson-Krankheit und die aktuelle Medikation zu informieren, gegebenenfalls ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Neurologen anzuraten.
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