Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus

Max-Planck-Institut für Psychiatrie zeigt Wanderausstellung

2. Dezember 2016

„erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ Das ist der Titel der Wanderausstellung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die jetzt im Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München präsentiert wird. Auf mehr als 40 Tafeln setzt sich die Ausstellung mit dem Schicksal vermeintlich kranker und behinderter Menschen im Nationalsozialismus auseinander.

Bis zu 400.000 Opfer wurden zwischen 1933 und 1945 zwangssterilisiert, etwa 300.000 wurden ermordet. „Es ist unsere Pflicht als Wissenschaftler und Ärzte, uns mit diesem dunklen und grauenhaften Kapitel in der Geschichte der Psychiatrie auseinanderzusetzen und dafür zu sorgen, dass auch die breite Öffentlichkeit die Gelegenheit dazu bekommt“, erklärt Prof. Martin Keck, Direktor der Klinik des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI). Ziel sei, den Opfern Identität und somit ein Stück ihrer Würde zurückzugeben. Das gelte im Besonderen, da München und auch das Vorgänger-Institut des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, die Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie (DFA), bei diesen menschenverachtenden Verbrechen eine besondere Rolle gespielt haben. So arbeitete einer der Direktoren der DFA, Ernst Rüdin, maßgeblich an der Ausgestaltung des Rassenhygiene-Gesetzes mit. Er und andere Mitarbeiter waren an der sogenannten „Euthanasie“ beteiligt, der Ermordung von Kindern und Erwachsenen, bei denen psychische Erkrankungen oder Behinderungen vermutet oder nachgewiesen waren.

„Leider war die Aufarbeitung in der Nachkriegszeit und offenbar weit darüber hinaus geprägt von Verleugnung durch viele Verantwortliche und Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern“, erklärt Keck, “dem wollen wir als Direktoren bewusst mit großer Transparenz und dem Wunsch nach Aufklärung entgegentreten.“ Man sei daher auch besonders dankbar, dass in der Ausstellung fünf zusätzliche Tafeln gezeigt  werden können, die das NS-Dokumentationszentrum München in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Psychiatrie und Fürsorge im National- sozialismus in München“ für die Präsentation im NS-Dokumentationszentrum München von April bis Juni 2016 erstellt habe. „Dabei geht es speziell um Münchner Täter und Opfer und auch die Rolle unseres Vorgänger-Instituts wird noch einmal genauer beleuchtet“, erläutert Dr. Elisabeth Binder, Geschäftsführende Direktorin des Instituts.

Die Ausstellung, die die DGPPN in Kooperation mit den Stiftungen Denkmal für die ermordeten Juden Europas und Topographie des Terrors erstellt hat, wurde seit ihrer Eröffnung 2014 im Deutschen Bundestag in zahlreichen Parlamenten, Gedenkstätten, Kongressen oder Kliniken – international und national – gezeigt. Insgesamt setzten sich so bereits mehr als 280.000 Menschen mit dem Leid auseinander, das kranken und behinderten Menschen in der NS-Zeit angetan wurde. Interessierte Besucher können die Tafeln im MPI in der Kraepelinstraße 2 vom 2. Dezember 2016 bis 3. Februar 2017 Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr oder nach Vereinbarung unter presse@psych.mpg.de auf sich wirken lassen.


AS

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