Augen auf bei der kognitiven Leistung

Pupillenerweiterung als potentieller Biomarker für neurokognitive Funktion

18. September 2023

Wenn unser Gehirn hart arbeitet, erweitern sich unsere Pupillen. Forschende ließen TeilnehmerInnen in einer neuen Studie schwierige Aufgaben lösen. Hierbei fanden sie heraus, dass die Pupillen sich bei den meisten Teilnehmenden mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad erweiterten (Responder), während sie bei anderen unverändert blieben (Non-Responder). Im Schnitt konnten die Non-Responder die Aufgaben schlechter lösen und hatten eine geringere Hirnaktivität in bestimmten sub- und neokortikalen Regionen. Dies deutet auf einen Zusammenhang zwischen der Pupillenerweiterung und neurokognitiver Funktion hin. Demnach könnte die Pupillenerweiterung als biologischer Messwert (oder auch „Biomarker“) für die neurokognitive Funktion dienen, welche wiederum bei vielen psychischen Störungen eine Rolle spielt.
 

Es ist seit Langem bekannt, dass sich die Größe der Pupille je nach Aktivität verändert. Wenn man eine komplizierte Aufgabe löst, erweitert sie sich normalerweise. Diese Veränderung ist mit bloßem Auge nicht direkt sichtbar, sondern muss mit speziellen Geräten gemessen werden. In der Studie wollten ForscherInnen herausfinden, ob die Pupillenerweiterung bei Menschen mit und ohne psychische Symptome unterschiedliche Muster erkennen lässt und ob diese Erkenntnis helfen kann, die Diagnose und Behandlung von PatientInnen zu verbessern.

Zusammenhang zwischen Pupillenerweiterung, Aufmerksamkeit und kognitiver Flexibilität

Die WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München maßen die Pupillengröße von über 200 Teilnehmenden, die anspruchsvolle Aufgaben lösten. Während die meisten die erwartete Erweiterung der Pupillen zeigten (Responder), blieb die Pupillengröße bei anderen unverändert (Non-Responder).

"Wir beobachteten, dass Non-Responder auch bei anderen Aufgaben schlechter abschnitten, zum Beispiel beim Merken von Zahlen- und Buchstabenabfolgen. Auch bei Aufgaben welche die kognitive Flexibilität testeten waren Non-Responder schlechter“, sagt Erstautorin Julia Fietz. Darüber hinaus wiesen Non-Responder eine geringere Aktivität in mehreren Hirnregionen auf, unter anderem im Thalamus. Der Thalamus ist eine Hirnregion, die eine zentrale Rolle bei Aufmerksamkeit, Kognition und Gedächtnis spielt. "Es schien, als ob die Non-Responder ihre Aufmerksamkeit nicht aktivieren konnten, um die Aufgaben optimal zu lösen", beobachtet Fietz. Es zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen Pupillenerweiterung und psychischen Symptomen - das bedeutet, dass es bei Teilnehmenden mit psychischen Symptomen nicht wesentlich mehr Non-Responder gab als bei gesunden Teilnehmenden. Die Pupillenerweiterung maß ausschließlich die kognitive Leistung der verschiedenen Gruppen.

Pupillometrie als potenzieller Biomarker

Dieses Wissen könnten bei der Früherkennung von kleinen Unterschieden in der kognitiven Leistung helfen: "Es ersetzt keine neuropsychologischen Tests, kann diese Tests aber präziser machen, um frühe, geringfügige Unterschiede zu erkennen", sagt Forschungsgruppenleiter Victor Spoormaker. "Die Pupillometrie hat den Vorteil, dass sie nicht-invasiv, automatisiert und über mobile Plattformen digital einsetzbar ist. Damit könnte sie als neuer digitaler Biomarker für kognitive Leistung fungieren, der für Depressionen, aber auch für neurodegenerative Erkrankungen relevant ist."

Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen wie Krebs diagnostizieren ÄrztInnen psychische Störungen nämlich nicht mithilfe objektiver Messwerte (wie einem Labortest), sondern anhand von Fragebögen und Gesprächen. Die Ergänzung durch Biomarker könnte helfen, psychiatrische Diagnosen genauer zu machen und Behandlungen zu personalisieren.

Zur Redakteursansicht