Depression und Schizophrenie: Übereinstimmendes neurologisches Defizit

Max-Planck-Wissenschaftler finden neurologische Ursache für Beeinträchtigung der nächtlichen Verfestigung von Gedächtnisinhalten

15. Januar 2015

Während wir nachts schlafen, verarbeitet das Gehirn, was wir tagsüber erlebt haben. Wenn beispielsweise ein Tänzer eine neue Choreographie lernt, dann wird sie in einem speziellen Bereich des Gehirns „zwischengespeichert“, dem Hippocampus. Dieser Gehirnbereich ist besonders daran beteiligt, Bewegungsabfolgen zu erlernen. Während des Schlafs speist der Hippocampus mithilfe eines weiteren Gehirnbereichs, dem präfrontalen Cortex (vorderer Hirnlappen), die neuen Erinnerungen in bereits bestehende Netzwerke ein. Dank dieser Umverteilung oder Verfestigung der Erinnerungen fällt es dem Tänzer schon am nächsten Tag leichter, die Choreographie zu wiederholen.

Bei Patienten, die an Depression oder Schizophrenie leiden, ist die nächtliche Verfestigung von erlernten Bewegungsabläufen beeinträchtigt. Schlaf- und Hirnforscher am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben gesunden Probanden sowie depressiven oder schizophrenen Patienten eine einfache Abfolge von Fingerbewegungen beigebracht. Während des Erlernens und des Wiederholens der Bewegungsabfolge am nächsten Tag haben die Wissenschaftler die Gehirnaktivität bei allen Probanden mit einem Magnetresonanztomographen gemessen.

„Wir konnten zeigen, dass bei beiden Patientengruppen im Vergleich zu den gesunden Probanden die Beeinträchtigung durch eine schwächere Verbindung zwischen dem Hippocampus und dem vorderen Hirnlappen verursacht wird“, erklärt Lisa Genzel, Erstautorin der aktuellen Studie. „Besonders interessant hierbei ist, dass diese weniger stark ausgeprägte Verbindung zwischen den beiden Gehirnbereichen sowohl bei depressiven als auch bei schizophrenen Patienten zu sehen ist. Das ist also ein gemeinsames neurologisches Merkmal der beiden Erkrankungen. Zumindest unter manchen Gesichtspunkten scheinen sich die beiden Krankheiten wohl doch nicht so sehr voneinander zu unterscheiden.“

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