Kraepelinbau

Geschichte

14. Februar 2024

1917 wurde die "Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie", die Vorgänger-Einrichtung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, gegründet. Neu war damals die Idee, ein fächerübergreifendes, privatfinanziertes und universitätsunabhängiges Hirnforschungsinstitut ins Leben zu rufen. Neu war auch die Herangehensweise: Der interdisziplinäre, naturwissenschaftlich orientierte Ansatz sollte der Psychiatrie neue Methoden, Erkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.

Derzeit wird die über 100-jährige Geschichte des Instituts kritisch aufgearbeitet, denn sie ist keine reine Erfolgsgeschichte. So gab es Phasen, in denen ethische Grenzen überschritten, die Psychiatrie politisch und ideologisch instrumentalisiert und das Wohl der PatientInnen missachtet wurden. Dies betrifft insbesondere die Zeit des Nationalsozialismus.

NS-Vergangenheit und Opferforschungsprojekt

Zahlreiche ÄrztInnen und ForscherInnen des Institutes kooperierten mit dem NS-Regime und teilten dessen Ideologie. Sie konnten ihre Vorstellungen von „Rassenhygiene“ im Zuge der „Erbgesundheitspolitik“ der NationalsozialistInnen umsetzen. Sie befürworteten und ermöglichten die Zwangssterilisation von Personen, die im NS-Staat ausgegrenzt und verfolgt wurden. Sie wussten um die sogenannte „Euthanasie“, die Ermordung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen, legitimierten diese wissenschaftlich und profitierten von ihr: Tausende Gehirnpräparate von Ermordeten gelangten an das Institut und wurden dort für Forschungszwecke missbraucht – auch noch nach 1945.

Eine kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ließ (zu) lange auf sich warten, wurde teils aktiv verhindert.

Bis heute liegen zahlreiche Gehirnpräparate von Opfern der NS-Verbrechen im Historischen Archiv des Hauses. Nur ein Teil der Präparate wurde 1990 auf dem Münchner Waldfriedhof bestattet – anonym, ohne die Namen der Opfer zu nennen. Seit 2017 forschen unabhängige HistorikerInnen im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft zur Identität der Opfer, versuchen ihre Biographien zu recherchieren und damit ein Gedenken zu ermöglichen. Nach Abschluss des Forschungsprojektes werden die verbliebenen Präparate auf dem Münchner Waldfriedhof würdig bestattet. Dann werden auch die Namen der Opfer an der Grabstätte zu lesen sein.

Erinnerungsarbeit

Auch im Institut selbst wird der Opfer von NS-Medizin-Verbrechen und unethischer Forschung gedacht. Ein Lern- und Gedenkort entsteht: Eine Ausstellung wird Biographien der Opfer in den Mittelpunkt stellen und über TäterInnen und Tatkontexte informieren. Damit steht die Erinnerungsarbeit jedoch erst an ihrem Anfang. Im Anschluss sollen weitere historische Aufarbeitungsprojekte am Institut gefördert und sichtbar gemacht werden.

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