Neue Einsichten in die Funktionsweise von Antidepressiva
Wissenschaftler entdecken einen neuen Wirkungsmechanismus von Antidepressiva über das bekannte Stress Protein FKBP51
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben einen neuen funktionellen Zusammenhang zwischen epigenetischen Veränderungen und dem gut beschriebenen Risiko-Faktor für Depression FKBP51 identifiziert. Diese Entdeckung trägt erheblich zum Verständnis der Wirkungsweisen von Antidepressiva bei. So könnte es in Zukunft möglich sein, pharmazeutische Behandlungen auf einzelne Patienten abzustimmen und somit spezifisch die biologischen Ursachen der Krankheit anzugehen. Dies erhöht die Erfolgsaussichten der Patientenbehandlung und wird die medizinische Versorgung von Millionen bisher behandlungsresistenter Patienten ermöglichen
Drei von zehn Menschen sind im Laufe ihres Lebens von stressbedingter Depression betroffen. Lediglich ein Drittel der Betroffenen sprechen auf Verabreichung von Medikamenten an. Diese niedrige Erfolgsrate lässt sich damit erklären, dass die Wirkungsmechanismen der Antidepressiva nach wie vor unzureichend bekannt sind.
Stress ist ein Risikofaktor für Depressionen. Eine erhebliche Zahl von Komponenten des Stress-Hormon-Systems wurden bereits in Zusammenhang mit erhöhter Erkrankungswahrscheinlichkeit und unterschiedlichem Behandlungserfolg gebracht. Eines dieser Komponenten ist das Protein FKBP51, welches in der Lage ist, die Affinität von Stresshormonen zu ihren Rezeptoren zu beeinflussen. FKBP51 ist ein gängiger Risikofaktor für stressbedingte Erkrankungen. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass das Protein den Behandlungserfolg mit Antidepressiva beeinflusst und dass ein Zusammenhang mit erneut auftretenden depressiven Episoden besteht. Eine erfolgreiche Behandlung mit Antidepressiva setzt eine Wiederherstellung des Stresshormonhaushalts voraus, was wiederum von FKBP51 beeinflusst wird.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben nun einen neuen Wirkungsmechanismus dieser Medikamente bei stressbedingten Erkrankungen identifiziert.
Nachgewiesenermaßen kann sich Stress langfristig auf unseren Körper auswirken, indem es das sogenannte „Epigenom“ beeinträchtigt. Epigenetische Faktoren beeinflussen die Genaktivität. Stress kann sich auf den epigenetischen Code eines Genes auswirken, was wiederum die Genaktivität verändern kann. Diese dauerhafte Änderung kann die Entwicklung von depressiven Symptomen hervorrufen. Die Unterbindung dieser lang anhaltenden Mechanismen könnte daher einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz gegen Depression darstellen.
In der vorgelegten Studie, so beschreibt der Wissenschaftler Theo Rein, „haben wir den Mechanismus, mit welchem FKBP51 das epigenetische Enzym DNMT1 moduliert, untersucht. Wir sind der Frage nachgegangen, inwieweit die Interaktion zwischen beiden Faktoren den Behandlungserfolg von depressiven Patienten mit Antidepressiva beeinflusst.“
Die Wissenschaftler gingen den Hinweisen nach einer funktionellen Verknüpfung zwischen FKBP51 und dem epigenetischen Enzym DNMT1 in Zellkulturlinien, Mäusen und Menschen nach. Dabei entdeckten sie, dass FKBP51 in der Tat Stress bedingte epigenetische Veränderungen hervorruft. FKBP51 wirkte sich auf die enzymatische Aktivität von DMNT1 aus was wiederum die allgemeine epigenetische Ordnung beeinträchtigte. „Am interessantesten war der Befund, dass das Antidepressivum Paroxetin die DMNT1 Aktivität nur in Anwesenheit von FKBP51 herabsetzte“ sagt Nils Gassen, der erstgelistete Autor der Studie. Die Entdeckung dieses funktionellen Zusammenhanges zwischen DNMT1 und FKBP51 legt eine neue Rolle für das Molekül nahe, welche sich auf das Epigenom auswirkt und daraus folgend möglicherweise dauerhafte Änderungen des Genoms hervorrufen kann.
JK, MM