Translationale Forschung in der Psychiatrie

Translationale Forschung in der Psychiatrie

Affektive Störungen und Angsterkrankungen, wie Depression, Panikstörung oder Posttraumatische Belastungsstörung, haben eine hohe Lebenszeitprävalenz und gehören zu den Erkrankungen mit den höchsten Raten von Erwerbsunfähigkeit, da sie mit hoher Morbidität, Mortalität und vermehrter Komorbididät mit internistischen Erkrankungen einhergehen. Unsere heutigen Behandlungsstrategien sind jedoch nach wie vor nicht ausreichend effizient. Dies ist wahrscheinlich durch die Tatsache bedingt, dass wir kein ausreichendes Verständnis der biologischen Ursachen dieser Erkrankungen haben.

Ein genaues Verständnis der molekularen, zellulären und systemischen Faktoren, die zu affektiven Störungen und Angsterkrankungen beitragen, würde es erlauben, unsere Behandlungsstrategien auf diejenigen Systeme auszurichten, die tatsächlich ursächlich zur Erkrankung beitragen. Es ist relativ klar, dass unsere derzeitigen Symptom-basierten Diagnosen Patienten mit unterschiedlichen biologischen Störungen nicht unterscheiden, sofern sie ähnliche psychiatrische Symptome zeigen. Biologie-basierte Diagnosen würden daher unsere momentan deskriptiven Diagnosen verbessern. Auf der einen Seite könnte sich derselbe pathophysiologische Mechanismus durch unterschiedliche psychiatrische Symptome manifestieren, denen wir derzeit unterschiedliche Diagnosen mit unterschiedlichen Therapien zuordnen, obwohl diese Patienten von derselben Biologie-basierten Behandlung profitieren könnten. Anderseits könnten unsere derzeitigen Symptom-basierten Diagnosen mehrere Untergruppen mit unterschiedlichen pathophysiologischen Ursachen enthalten. Diese Patienten würden dann von unterschiedlichen Therapien profitieren, obwohl wir sie derzeit mit derselben Erkrankung diagnostizieren.

Innerhalb der psychiatrischen Erkrankungen liegt unser Fokus auf Stress- und Trauma-assoziierten psychiatrischen Störungen. Stress oder negative Lebensereignisse sind die stärksten Risikofaktoren für Depression und Angststörungen, aber auch für andere psychiatrische und medizinische Erkrankungen. Ein besseres Verständnis der adaptiven, aber auch maladaptiven, molekularen, zellulären und systemischen Faktoren, die unsere Antwort auf Stress verändern, kann uns helfen, pathophysiologische Mechanismen von Stress- und Trauma-assoziierten psychiatrischen Störungen zu erkennen. Dafür wollen wir die Abfolge der molekularen, zellulären und systemischen Änderungen untersuchen, die mit der Entwicklung von psychiatrischen Symptomen nach Stress oder Trauma oder mit Resilienz gegenüber der Entwicklung solcher Störungen assoziiert sind. Des Weiteren wollen wir die genetischen, epigenetischen, Umwelt- und Entwicklungsfaktoren untersuchen, die mit derartigen unterschiedlichen Abfolgen verknüpft sind und dadurch das Risiko beeinflussen, an Erkrankungen zu leiden, die durch Stress bzw. durch ein Trauma ausgelöst werden.

Das Ziel dieser Abteilung ist es, zu einer neuen, Biologie-basierten Taxonomie psychiatrischer Erkrankungen beizutragen sowie präventive und therapeutische Strategien zu entwickeln, die mit einem solchen mechanistischen Erkrankungsverständnis tatsächlich auf die biologische Ursache der Erkrankung des Einzelnen eingehen. Unsere derzeitigen wissenschaftlichen Projekte beinhalten die folgenden verknüpften Themen:

  • Genetische und epigenetische Faktoren, die das Risiko für und die Resilienz gegenüber negativen Lebensereignissen und Stress beeinflussen
  • FKBP5 – ein neues Zielmolekül für stressbedingte Erkrankungen
  • Biomarker-basierte Untersuchungen zu einer neuen Taxonomie für psychiatrische Erkrankungen
  • Transdiagnostische Charakterisierung von psychiatrischen Patienten auf verschiedenen Ebenen zur Identifizierung gemeinsamer biologischer Signaturen
  • Charakterisierung der Abfolge der molekularen, zellulären und systemischen Änderungen, die zum Risiko für und zur Resilienz gegenüber Stress und Trauma beitragen

 

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